R1.3 Antriebe

Der Fachausschuss

Der DGLR-Fachausschuss R1.3 Antriebe befasst sich mit chemischen und elektrischen Antrieben für die Raumfahrt. Dabei handelt es sich um Rückstoßantriebe für Trägerraketen und Raumfahrzeuge, bei denen ein mitgeführtes Stützmedium (Treibstoff) hochbeschleunigt wird und nach dem Prinzip actio = reactio in eine Vorwärtskraft, den Schub, resultiert.

Bei chemischen Raketenantrieben geschieht dies durch Reaktion von Treibstoffpartnern (Brennstoff und Oxydator) in der Brennkammer des Triebwerks. Die Komponenten werden hierbei unter hohem Druck verbrannt und die Verbrennungsprodukte durch die Düse ausgestoßen. So entsteht der Schub. Bei elektrischen Antrieben entsteht dieser durch thermische, elektrische oder elektro-magnetische Einwirkung auf ein Stützmedium unter Anwendung elektrischer Energie. Die erzielbaren Geschwindigkeiten sind wesentlich höher als bei chemischen Antrieben, der Schub – wegen der im Raumfahrzeug nur begrenzt verfügbaren elektrischen Energie – aber sehr gering.

 

Aktuelle Themen

Aktivitäten:

  • Vorbereitung eines Position Paper zum Stand der Entwicklung von chemischen Raketenantrieben in Deutschland
  • Aktualisieren des Position Paper zum Stand der Entwicklung von elektrischen Antrieben in Deutschland

 

Chemische Raketenantriebe

Funktionsprinzip:

Ein chemisches Raketentriebwerk besteht im Prinzip aus einem Brennraum, in dem unter hohem Druck (typischerweise 100 bar) Brennstoff und Oxydator zur Reaktion gebracht werden. Dabei entstehen Temperaturen von 3000 bis nahe 4000 Kelvin. Die Treibstoffe werden durch ein Fördersystem und entsprechende Injektoren in den Brennraum eingebracht. Der Brennraum öffnet sich einseitig in eine Düse mit konvergentem und divergentem Teil, durch die die Brenngase entspannt und beschleunigt werden. Im engsten Querschnitt der Düse herrscht Schallgeschwindigkeit (Ma = 1), im Düsenaustritt etwa Ma drei bis fünf. Das entspricht je nach Treibstoffpaarung Gasgeschwindigkeiten von 2800 bis 4800 Metern pro Sekunde.

Aktuelle Entwicklungen:

In Europa wird derzeit (Status Oktober 2021) intensiv an der Qualifikation der Schwerlastrakete Ariane 6 gearbeitet, die eine Nutzlastkapazität von > 20 Tonnen in den niedrigen Erdorbit haben wird. Mit dieser Neuentwicklung wird das Ariane-Trägersystem technisch weiterentwickelt und auch in Zukunft auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig betrieben werden. Die Startkosten werden im Vergleich zur Ariane 5 um rund die Hälfte reduziert. Der erste Start war ursprünglich für 2020/21 vorgesehen, ist nun für 2022 geplant. Sowohl die Unter- als auch die Oberstufe der Ariane 6 wird mit einer Treibstoffkombination aus flüssigem Wasser- und Sauerstoff angetrieben werden. Die neue Unterstufe basiert dabei technologisch auf der „alten“ Unterstufe der Ariane 5, ist jedoch kostenoptimiert ausgelegt. Kombiniert wird sie mit einer modernisierten Version des bewährten Vulcain-2-Antriebs. Als Oberstufe kommt eine neue Stufe mit dem wiederzündbaren Vinci-Triebwerk zum Einsatz. Für mehr Flexibilität im Vergleich zur Ariane 5 sorgen die gleichartigen Booster-Motoren auf Feststoffbasis. Mit dem Prometheus Triebwerk wird zudem an einem weitestgehend komplett 3-D gedruckten Triebwerk in der Schubklasse von 100 Tonnen gearbeitet, mit dem die Produktionskosten im Vergleich zum schubgleichen Vulcain-2-Antrieb um einen Faktor 10 reduziert werden. Neben Wasserstoff wird ebenfalls die Verwendung von Methan als „grünen“ Kohlenwasserstoff vorgesehen.

Auf dem Gebiet der Kleinträger (sog. Microlauncher) mit einer Nutzlastkapazität zwischen 200 und 1300 kg in den niedrigen Erdorbit konkurrieren drei deutsche Unternehmen aus der Start-up Szene miteinander. Isar Aerospace und Rocket Factory Augsburg (RFA) setzen dabei auf Flüssigantriebe mit Sauerstoff als Oxydator und klassische Kohlenwasserstoffe als Brennstoff. HyImpulse sieht die Bündelung von Hybrid-Triebwerken vor, die mit Sauerstoff als Oxydator und Paraffin als festen Brennstoff arbeiten.

 

Elektrische Antriebe

Funktionsprinzip:

Elektrische Antriebe stoßen unter dem Einsatz elektrischer Energie ein Stützmedium mit hoher Geschwindigkeit gerichtet aus und erzeugen damit Schub erzeugen. Diese Triebwerke unterscheiden sich damit grundlegend von den chemischen Triebwerken, die die Energie in sich tragen und den Treibstoff beschleunigen. Mit elektrischen Triebwerken sind je nach Triebwerksprinzip bis zu mehr als zehnmal höhere Ausströmgeschwindigkeiten zu erzielen, wodurch der Treibstoffbedarf für eine bestimmte Mission um den gleichen Faktor verringert werden kann. Allerdings können diese Triebwerke nur im Vakuum betrieben werden und die Schübe sind verglichen mit chemischen Triebwerken gering, sodass ihre Anwendung auf den Weltraum beschränkt bleibt .

Aktuelle Entwicklungen:

Elektrische Antriebe gewinnen zunehmend an Bedeutung in der Raumfahrt. Satelliten mit elektrischen Antriebssystemen haben eine deutlich geringere Startmasse und somit geringere Startkosten. Die Europäische Kommission hat die Bedeutung der Technologie elektrischer Antriebe erkannt und unterstützt die Entwicklungen durch zahlreiche Programme.

 

Literatur und Links

Literatur

Allgemeine Grundlagen und Informationen zu chemischen und elektrischen Antrieben:

Chemische Raketenantriebe

  • Sutton, G. P. (1992): Rocket Propulsion Elements. An Introduction to the Engineering of Rockets. J. Wiley & Sons, New York. 6. Auflage, 1992
  • Huzel, D. K./Huang, D. H. (1992): Modern Engineering for Design of Liquid Propellant Rocket Engines. AIAA Progress in Astronautics and Aeronautics, Vol. 147.
  • Dadieu, A./Damm, R./Schmidt, E. (1968): Raketentreibstoffe. Springer, Wien.
  • Lo, R.: Trägersysteme. In: Hallmann, W./Ley, W. (Hrsg.) (1988): Handbuch der Raumfahrttechnik. Hanser, München.

Elektrische Antriebe

  • Löb, Freisinger (1967): Ionenraketen. Friedrich Vieweg u. Sohn, Braunschweig.
  • Auweter-Kurtz (1992): Lichtbogenantriebe für Weltraumaufgaben B.G. Teubner, Stuttgart.  ISBN 3-519-06139-2.
  • Paper der alle zwei Jahre stattfindenden International Electric Propulsion Conference (IEPC)

 

Kontakt

Dr. -Ing. Harry Adirim

Dr. -Ing. Harry Adirim
Leitung

TU Berlin
Aerospace Institute
Marchstr. 12
10587 Berlin

Tel.: +49 30 3101-7882
Fax: 030 / 31017880
E-Mail: harry.adirim(at)aerospace-institute.com

Dr.-Ing. Gerald Hagemann

Dr.-Ing. Gerald Hagemann
Stellvertr. Leitung

ArianeGroup
TP 23
81663 München

Tel.: 089 / 60723382
Fax: 089 / 60720885
E-Mail: gerald_hagemann(at)t-online.de