16.02.2023 - Allgemein, Raumfahrt

100 Jah­re Tu­tan­cha­mun: Das Tal der Kö­ni­ge mit Ra­dar ent­de­cken

Vor 100 Jahren öffnete der britische Archäologe Howard Carter die Grabkammer von Tutanchamun. Jahrelang hatte er im Tal der Könige, nordwestlich der oberägyptischen Stadt Luxor, nach dem Grab des Pharaos gesucht. Schon fast aufgegeben, fand er im Winter 1922 das Grabmal Tutanchamuns. Bis der Archäologe ins Innere der Grabkammer vordringen konnte, bedurfte es jedoch noch mehrerer Monate sorgfältiger Vorbereitungen. Am 16. Februar 1923 durchbrach Howard Carter gemeinsam mit seinem Team endlich die Tür zwischen Vorkammer und Grabkammer. Darin fanden sie einen Schatz an fast vollständig erhaltenen Grabbeigaben und den Sarkophag des Pharao – bis heute ein Sensationsfund.


Bild: DLR

Das versteckt liegende Tal der Könige haben die Radarsatelliten TerraSAR-X und TanDEM-X nun auf beeindruckende Weise sichtbar gemacht. Die beiden Satelliten umkreisen die Erde, nur wenige hundert Meter entfernt voneinander, in 514 Kilometern Höhe. So können sie zeitgleich dasselbe Gebiet auf der Erde erfassen. Mithilfe der sogenannten SAR-Interferometrie können aus den Radardaten der Satelliten detailreiche Höhenmodelle von der Erde erstellt werden. Dabei sendet einer der beiden Satelliten Radarsignale aus. Die von der Erdoberfläche reflektierten Signal-Echos werden dann von beiden Satelliten aus zwei verschiedenen Blickwinkeln empfangen, ähnlich wie beim menschlichen Sehen. Aus den unterschiedlichen Weglängen der Signale vom Boden zu den Satelliten, dem Phasenunterschied, kann beim Überflug die Höhenänderung der Erdoberfläche gemessen werden. Aus den Daten hat das DLR-Team ein digitales Höhenmodell des Tals der Könige erstellt. In flachen Gebieten ergänzten sie außerdem die von den Satelliten gemessene Rückstreuung der Erdoberfläche, um dort beispielsweise Städte besser sichtbar zu machen. Zur anschaulicheren Darstellung wurde das Modell zusätzlich eingefärbt.

Reichtum im Detail durch Radar

Die Aufnahmen der Radarsatelliten zeigen ein digitales Höhenmodell (Digital Elevation Model, DEM) des Niltals in verschiedenen Vergrößerungsstufen. Mit zunehmender Vergrößerung kommen immer neue fraktale Strukturen und Details der bergigen Region und des Niltals zum Vorschein. Das Tal der Könige selbst erstreckt sich über ein sehr kleines Areal von lediglich einem Quadratkilometer und wird erst in der höchsten Vergrößerungsstufe (Bild 3) deutlich sichtbar. Es liegt westlich des Nils, in den südlichen Ausläufern des stark zerklüfteten Felsmassivs der Thebaner Berge. Der höchste Punkt der Thebanischen Berge ist der pyramidal anmutende El-Qurn (südlichster Bergrücken in Bild 3). An seinem Ende befinden sich die insgesamt 64 Grabkammern der Pharaonen – unter ihnen auch „KV62“ (King’s Valley), die Grabkammer Tutanchamuns. Am südlichen Berghang des El-Qurn liegt das Tal der Königinnen sowie der prunkvolle Totentempel der altägyptischen Königin Hatschepsut.

Auf der östlichen Seite des Nils liegt heute die Stadt Luxor. Sie ist klar erkennbar an den hellen Strukturen im Bild 2 und 3. Zur Zeit Tutanchamuns hieß die Stadt Theben und wurde vor allem als wichtigste Nekropole, also Totenstadt, genutzt. Etwa in der Mitte, nördlich der hell erscheinenden Innenstadt Luxors, befindet sich direkt am Nil der Luxor-Tempel. An ihrem nördlichen Ende liegen die Karnak-Tempel, die größte Tempelanlage von Ägypten.

Die beiden letzten Bilder zeigen hochaufgelöste SAR-Aufnahmen des Tals. Im Gegensatz zu den digitalen Höhenmodellen wurden diese nur mit einem Satelliten durchgeführt. Im vierten Bild sind sowohl das Tal der Könige als auch die Stadt Luxor zu sehen. Ein weiterer Zoom im fünften Bild zeigt detailliert das Tal und den Eingangsbereich. Durch die seitlich schauende Aufnahmegeometrie wirkt das Tal in der Bildmitte sehr plastisch.

Quelle: https://www.dlr.de/content/de/artikel/news/2023/01/20230216_100-jahre-tutanchamun-das-tal-der-koenige-mit-radar-entdecken