11.03.2021 - DGLR, Presse, Luftfahrt, Raumfahrt

DGLR rät zu ökoeffizienten Material- und Prozesstechnologien für die Luft- und Raumfahrt

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, die Forschungs- und Innovationsstrategie „Flightpath 2050“ der Europäischen Kommission oder das Luftfahrtforschungsprogramm (LuFo) der Bundesregierung – solche Vorgaben auf nationaler und internationaler Ebene sollen für weniger Emissionen, eine nachhaltigere Nutzung von Ressourcen oder eine höhere Wettbewerbsfähigkeit sorgen. Dafür sind innovative und effiziente Technologien nötig, besonders im Bereich der Werkstoffe, Verfahren und Bauweisen. Der Bedarf an schnellen Lösungen steigt mit der Coronakrise, die den wirtschaftlichen Druck noch erhöht. Um einen Beitrag zur Erreichung der gemeinschaftlichen Ziele zu leisten, hat der Fachbereich „Werkstoffe - Verfahren - Bauweisen“ der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) gemeinsam mit Vertretern namhafter europäischer Hersteller, Zulieferer und Forschungseinrichtungen Handlungsempfehlungen für ökoeffizientere Material- und Prozesstechnologien für die Luft- und Raumfahrt identifiziert.


Bild: TU München

Die Experten des DGLR-Fachbereichs „Werkstoffe - Verfahren - Bauweisen“ sehen Herausforderungen in den Bereichen Nachhaltigkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. „Wir gehen davon aus, dass es in den nächsten Jahren weitere regulatorische Vorgaben und Verschärfungen insbesondere bei der Reduktion von klimaschädlichen Emissionen, Lärm und Abfall sowie bei der Ressourcenschonung geben wird“, sagt Dr. Christian Weimer, Leiter des DGLR-Fachbereichs „Werkstoffe - Verfahren - Bauweisen“. Hinzu kommen laut Weimer Anforderungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Werkstoffsysteme, zum Beispiel durch verbesserte Langzeitbeständigkeit oder Schadenstoleranz, aber auch der digitalen Nachweisführung in Material- und Prozessqualifikation sowie eine nötige Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit. Die übliche Dauer zur Entwicklung neuer Fluggeräte beträgt in der Luftfahrt über sieben Jahre, in der Raumfahrt sogar erheblich länger. Um die Position am Markt zu verbessern, müssen die Qualifikation neuer Materialien und Prozesse, die Entwicklung und Fertigung von Produktionsmitteln sowie die Produktentwicklung und Nachweisführung beschleunigt werden.

Dafür betrachtete die Arbeitsgruppe um den DGLR-Fachbereich die komplette Wertschöpfungskette, vom Ausgangswerkstoff über die Strukturen im Betrieb bis zur Wiederverwertung. Notwendige Befähigungen und Schlüsseltechnologien sehen die Experten von einer multidisziplinären Ausbildung von Fachkräften über innovative, multifunktionale Materialien und ressourceneffiziente Produktionsprozesse bis hin zu neuen Recyclingtechnologien. Die Digitalisierung ermöglicht es heute bereits, Fertigungsprozesse sowohl innerhalb eines Unternehmens als auch für die gesamte Lieferkette von Komponenten zu vernetzen. Die Experten raten daher dazu, die Digitalisierung noch besser zu nutzen und verifizierte Technologien zur vollständigen virtuellen Abbildung und Optimierung von Materialien, Produktionsprozessen, Strukturen und Tests zu entwickeln. Dies beinhaltet auch die Nutzung von Methoden, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren.

Aufbauend auf den identifizierten Herausforderungen und Schlüsseltechnologien geben die Experten folgende Handlungsempfehlungen:

 

  • Universitäten, Hochschulen und Ausbildungsstätten müssen die Kompetenzen der künftigen Fachkräfte im Bereich Strukturentwicklung, Produktion und Wartung insbesondere im Hinblick auf deren Informatik- und Mechatronikfertigkeiten weiter ausbauen und stärken.
  • Die vorhandenen europäischen und deutschen Förderprogramme müssen durch Wissenschaft und Industrie konsequent für die Erarbeitung von Lösungen der identifizierten Schlüsseltechnologien genutzt werden. Neuaufrufe des Luftfahrtforschungsprogramms (LuFo) und neue Schwerpunktprogramme der Bundesregierung müssen die dargestellten Handlungsfelder so konkret wie möglich aufgreifen.
  • In Zusammenarbeit von öffentlichen Fördermittelgebern, Industrie und Forschungseinrichtungen sind neue Promotionsprogramme zur Entwicklung ökoeffizienter Material- und Prozesstechnologien sowie zur Sicherung hochqualifizierter Fachkräfte zu entwickeln und zu implementieren.
  • Die zunehmenden Möglichkeiten der Digitalisierung zur Optimierung von Materialien, Produktionsprozessen, Strukturen und Tests müssen in den regulatorischen Vorgaben der Zulassungsbehörden adäquat reflektiert werden.
  • Die Förderung von Start-ups im Bereich ökoeffizienter Material- und Prozesstechnologien muss weiter betrieben und ausgebaut werden.
  • Für den Aufbau und die Sicherstellung künftiger Lieferketten in nachhaltigen Materialkreisläufen muss eine entsprechende Systemfähigkeit entwickelt werden, die Industrie und Innovationen fördert.
  • Ökoeffiziente Material- und Prozesstechnologien müssen einen Schwerpunkt auf Fachkonferenzen wie dem Deutschen Luft-und Raumfahrtkongress (DLRK) der DGLR bilden.

„Diese Empfehlungen können Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik dienen, sich sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene für die notwendige Forschungsförderung einzusetzen und die Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette zu initiieren und zu begleiten“, sagt Prof. Ulf Breuer, Leiter des DGLR-Fachausschusses Werkstoffe und Fertigungstechnologie. „Ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik ist dabei essenziell, um die Entwicklung von deutlich ökoeffizienteren Material- und Prozesstechnologien für die Luft- und Raumfahrt zu beschleunigen.“

Die DGLR – Informieren, Vernetzen, Fördern

Die Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt - Lilienthal-Oberth e.V. (DGLR) ist die älteste Institution in der Bundesrepublik Deutschland, die allen, die sich privat oder beruflich mit Luft- und Raumfahrt beschäftigen, ein gemeinsames Forum bietet. Hier vernetzt sich das Wissen der Luft- und Raumfahrt, aktuelle Projekte und Entwicklungen werden vorgestellt und gute Ideen gefördert und honoriert.