25.10.2022 - Allgemein, DGLR, Presse, Raumfahrt

Raumfahrtkonferenz 2022: Digitalisierung und privater Wettbewerb sorgen für Schub in der Raumfahrt

In der Raumfahrt herrscht Goldgräberstimmung. Immer mehr private Unternehmen nutzen den Weltraum für kommerzielle Geschäftsideen. Wie dieser New-Space-Trend die Raumfahrt verändert, stand im Mittelpunkt der Raumfahrtkonferenz 2022. Unter dem Motto „Wir sind FUTURESPACE“ trafen sich am 24. Oktober in Stuttgart rund 250 Vertreterinnen und Vertreter aus Raumfahrtforschung und -industrie sowie Politik. In Vorträgen und Diskussionen sprachen sie darüber, was New Space antreibt und wie durch Digitalisierung und privaten Wettbewerb neue Technologien entstehen.


Bild: DLR

Veranstaltet wurde die alle zwei Jahre stattfindende Konferenz von der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR), dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Universität Stuttgart und dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg.

New Space verbindet IT und Raumfahrt

Digitale Technologien und Dienste sind in der globalen Kommunikation, im Handel und in der Mobilität heute selbstverständlich. Mit innovativen Geschäftsideen gehen private Unternehmen und Start-ups im New Space einen Schritt weiter. Sie verbinden digitale Informationstechnologien mit der Raumfahrt. Ziel ist es, die kommerzielle Nutzung des Weltraums auszubauen.

Viele Geschäftsmodelle von New-Space-Unternehmen setzen auf bestehende und künftige Satellitendienste. Die Datenübertragung per Satellit wird zur Dienstleistung für ein weltumspannendes Internet, Streamingdienste oder ein Internet of Things. Schwärme von vielen tausend, kleinen und kostengünstigen Satelliten sollen die riesigen Datenmengen weltweit transportieren.

Vom Unikat zum Satellitenschwarm

Wie New Space die Raumfahrtbranche verändert, stand im Mittelpunkt des ersten Teils der Raumfahrtkonferenz. Vorträge und Diskussionen gaben einen Einblick, was Deutschland tun muss, um weiterhin eine Vorreiterrolle zu spielen. Disruptive Geschäftsideen, schnellere Technologieentwicklungen sowie kürzere Innovations- und Produktzyklen stellen beispielsweise neue Anforderungen an den Satellitenbau – weg von zeit- und kostenintensiven Unikaten, hin zur agilen Entwicklung und Serienfertigung von günstigen Kleinsatelliten.

„Seit 2015 ist die globale Raumfahrtökonomie pro Jahr um 5,6 Prozent gewachsen, das ist mehr als doppelt so stark wie die Weltwirtschaft insgesamt. Sowohl das wirtschaftliche Potenzial von Raumfahrt als auch ihre Möglichkeiten, aktuellen Herausforderungen zu begegnen, sind gigantisch“, betonte Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstandsmitglied und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR, in seinem Eingangsstatement. „Wichtig bleibt, dass wir uns langfristig gut aufstellen. Denn unser Wohlstand basiert auf Know-how und Technologie. Deshalb müssen wir verstärkt in Raumfahrt investieren und neue Geschäftsmodelle ermöglichen“.

Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, stellte die Raumfahrtstrategie des Landes vor. In seinem Vortrag „The Orbit-LÄND Baden-Württemberg: Luft- und Raumfahrt in der Transformation“ hob er mit Blick auf Industrie, Forschung und Ausbildung die Rolle Baden-Württembergs als Raumfahrtland Nummer 1 in Deutschland hervor.

Quo vadis Raumfahrt Deutschland?

Im zweiten Teil der Tagung präsentierten baden-württembergische Start-ups und mittelständische Unternehmen ihre Projekte, Motivationen und Wege. Sie sprachen über Herausforderungen und machten Vorschläge, wie sich eine New-Space-Kultur in Deutschland besser fördern lässt. Dazu beleuchtete Dr. Anna Christmann in ihrem Vortrag „New Space Germany – Quo Vadis?“, wie der Brückenschlag zwischen Forschung, Startups und Industrie gelingt.

Dr. Anke Pagels-Kerp, DLR-Bereichsvorständin Raumfahrt, unterstrich die Rolle der DLR-Raumfahrtforschung als Teil des Raumfahrtökosystems am Beispiel der DLR-Standorte in Baden-Württemberg. „Ob in der Kommunikation und Navigation, bei Trägerkomponenten oder Orbitalantrieben oder auch in den Quantentechnologien – unsere Ideen entwickeln wir in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft. Dass wir am Puls des Raumfahrtmarktes forschen, davon zeugen auch die schon erfolgreichen und die neuen Ausgründungen aus unseren DLR-Instituten.“

Satellitenarchitektur made in Baden-Württemberg

Bei der Veranstaltung in der baden-württembergischen Landeshauptstadt durfte der Blick auf Raumfahrtprojekte im Südwesten nicht fehlen. Schwerpunkte waren Architekturen für künftige Schwarmsatelliten, virtuelle Entwicklung und standardisierte Bauweisen für die Serienproduktion.

„Die Raumfahrt befindet sich in einem grundlegenden Umbruch. Ich sehe den mit dem Schlagwort ‚New Space‘ charakterisierten Transformationsprozess als Herausforderung“, sagte Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg. „Vor allem ist es die große Chance für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Raumfahrtbranche. Viele Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus dem Land Baden-Württemberg belegen in beispielhaften, gemeinsamen Projekten, wie sie mit innovativen Produkten und Prozessen weiterhin eine Spitzenposition im internationalen Wettbewerb einnehmen können.“

Bis 2040 verzehnfacht sich der Satellitenmarkt

Aktuelle Marktanalysen gehen davon aus, dass der Satellitenmarkt bis zum Jahr 2040 auf 2.700 Milliarden US-Dollar anwächst. Das entspricht dem zehnfachen Volumen der globalen Automobilindustrie im Jahr 2020. Dank ihres systemischen Technologieportfolios sehen die Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer die baden-württembergische Raumfahrtbranche in einer starken Position für den New Space.