11.11.2021 - DGLR, DGLR-Pressemitteilungen

DGLR wünscht Dr. Matthias Maurer eine erfolgreiche ISS-Mission

Am 11. November 2021 um 03:03 Uhr mitteleuropäischer Zeit ist der deutsche Astronaut Dr. Matthias Maurer der Europäischen Weltraumorganisation ESA gemeinsam mit seinen Kollegen von der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA, Raja Chari, Kayla Barron und Thomas H. Marshburn, an Bord einer Dragon-Raumkapsel erfolgreich zu einem rund sechsmonatigen Forschungsaufenthalt auf der Internationalen Raumstation ISS aufgebrochen. Zuvor wurde der Start zur ISS aus unterschiedlichen Gründen mehrfach verschoben. Bei der ersten Verschiebung waren die Wetterbedingungen der Grund, dann ein Krankheitsfall innerhalb der Crew-3 und zuletzt wurde entschieden, zunächst Crew-2 mit ESA-Astronaut Thomas Pesquet vor dem Start von Crew-3 von der Raumstation zurückzuholen. Der eigentliche Plan sah vor, das die beiden Crews sich auf der ISS treffen. „Cosmic Kiss“ ist die erste ISS-Mission des 51-Jährigen Maurer, der seit Juli 2015 Teil des ESA-Astronautenkorps ist. Die Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) wünscht dem Deutschen eine erfolgreiche Mission.


Bild: ESA/Sabine Grothues.

„Deutschland ist der beitragsstärkste Partner im Explorationsrahmenprogramm der ESA und stärkster europäischer Nutzer der ISS. Wir freuen uns, dass mit Dr. Matthias Maurer nun wieder ein deutscher Astronaut auf der Raumstation leben und arbeiten wird. Dank seiner wissenschaftlichen Expertise und seiner Leidenschaft für die Raumfahrt wird Matthias Maurer einen wichtigen Beitrag zu der exzellenten Forschung unter Weltraumbedingungen leisten, die auch uns Menschen auf der Erde zugutekommen wird. Wir wünschen ihm dafür alles Gute und freuen uns auf spannende Ergebnisse und seine Nachrichten von der ISS“, sagt Prof. Rolf Henke, Präsident der DGLR.

Cosmic Kiss: Eine Liebeserklärung an das Weltall

Maurer ist der erste Deutsche, der mit einem Raumschiff des amerikanischen Unternehmens SpaceX zur ISS startete. Seit Ende 2020 der Vertrag der NASA mit der russischen Weltraumbehörde Roskosmos für den Astronautentransport mit der Sojus-Rakete ausgelaufen ist, fliegen amerikanische, europäische, japanische und kanadische Astronauten von US-amerikanischem Boden aus mit den Dragon-Raumschiffen von SpaceX zur ISS.

Den Namen seiner Mission hat Maurer bewusst gewählt: „Cosmic Kiss“ soll Ausdruck der besonderen Bedeutung der Raumstation als Bindeglied zwischen den Bewohnern der Erde und dem Weltall sein und steht zudem für den Wert der partnerschaftlichen Erkundung des Weltraums und einen respektvollen und nachhaltigen Umgang mit der Erde. Das Missionpatch trägt einige kosmische Elemente wie die Erde, den Mond und die Plejaden-Sternenformation. Für Maurer ist der Missionsname eine „Bekundung der Liebe zum Weltall.“

Auf der ISS warten vielfältige Aufgaben auf den Deutschen. Eine davon ist die Installation des europäischen Roboterarms ERA (European Robotic Arm) am neuen russischen Labormodul Nauka, das neuen Platz für Experimente und eine zusätzliche Luftschleuse bietet. Maurer ist derzeit der einzige ESA-Astronaut, der sowohl russische als auch westliche Außenbordeinsätze trainiert hat. Die Astronauten auf der ISS können den Roboterarm zum Beispiel nutzen, um ihn Lasten bewegen zu lassen, die Raumstation mit seinen Infrarotkameras zu inspizieren oder Außenbordeinsätze zu unterstützen.

Experimente für ein besseres Leben auf der Erde

Während seines Aufenthalts auf der ISS wird Maurer zudem rund 150 Experimente durchführen, davon 36 mit deutscher Beteiligung. Ihr Spektrum reicht von Grundlagenforschung bis hin zur Anwendung in Bereichen wie Lebens- oder Materialwissenschaften, Physik, Biologie, Medizin, Technologieentwicklung und Künstliche Intelligenz sowie Erdbeobachtung. Für alle Experimente, die im europäischen Columbus-Labor ablaufen, ist das Columbus-Kontrollzentrum im Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum GSOC (German Space Operations Center) beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen zuständig.

Eines von Maurers Experimenten ist das Technologietransferprojekt „Retinal Diagnostics“, bei dem die Augengesundheit von Astronauten untersucht wird. Veränderungen an den Sehnerven sind eine der schwerwiegendsten Beeinträchtigungen, die durch Schwerelosigkeit auftreten können. In dem Experiment vermisst eine sehr kleine, leichte Kamera den Sehnervenkopf der Astronauten. So sollen Veränderungen nachverfolgt und der Erfolg eingesetzter Gegenmaßnahmen ermittelt werden. Zukünftig soll das Gerät mithilfe von Künstlicher Intelligenz selbsttätig feststellen können, ob entsprechende Veränderungen am Auge vorliegen. Das neue Verfahren könnte nicht nur bei zukünftigen Mond- und Marsmissionen eingesetzt werden, sondern auch zu schnelleren und zuverlässigeren medizinischen Diagnosen auf der Erde führen.

Ein längerer Aufenthalt im Weltall hat auch Auswirkungen auf die Körperkerntemperatur der Astronauten: Sie steigt dauerhaft an. Das sogenannte Space Fever kann zum Beispiel bei Außenbordeinsätzen gefährlich für die Astronauten werden. Ein neuer miniaturisierter Thermosensor in Form eines Stirnbands wird Maurers Körperkerntemperatur kontinuierlich aufzeichnen, um neue Erkenntnisse über das Space Fever zu gewinnen. Der „Thermo-Mini“ soll zukünftig in das Standardmonitoring der Astronautengesundheit aufgenommen werden und auch Menschen dienen, die unter extremen Bedingungen auf der Erde arbeiten, wie zum Beispiel bei Feuerwehreinsätzen oder in Bergwerken.

Maurer soll auch mit dem Assistenzsystem CIMON (Crew Interactive MObile companioN) arbeiten, das erstmals vom deutschen ESA-Astronauten Dr. Alexander Gerst auf der ISS getestet wurde. Ausgestattet mit einem neuen Softwarepaket soll CIMON 2 nun zeigen, wie die Mensch-Maschine-Interaktion die Arbeit eines Astronauten unterstützen und seine Effizienz steigern kann. Die fliegende Servicekugel kann zum Beispiel Anleitungen zu wissenschaftlichen Experimenten und Reparaturen abbilden und erklären. So haben die Astronauten per Sprachsteuerung Zugriff auf Dokumente und Medien und können dabei frei mit ihren Händen arbeiten – ein großer Vorteil bei der Arbeit auf der Raumstation.

Obwohl die ISS ein isoliertes System mit eigenem Lebenserhaltungssystem ist, gibt es auch dort Keime, die nicht nur zu Gesundheits-, sondern auch zu Materialschäden auf der Raumstation führen können. Um das mikrobielle Wachstum und die Bildung von Biofilm zu hemmen, werden im Experiment „Touching Surfaces“ neuartige Oberflächen auf ihre antimikrobielle Wirksamkeit unter Weltraumbedingungen getestet. Maurer wird die sogenannten „Touch Arrays“, die an unterschiedlichen Stellen auf der Raumstation angebracht sind, regelmäßig berühren. Die darauf befindlichen Mikroben werden dann auf der Erde analysiert. Die neuartigen Oberflächen könnten Hygienemaßnahmen sowohl im All als auch auf der Erde, zum Beispiel in Krankenhäusern, maßgeblich verbessern.  

Live-Gespräche mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs

Während seines ISS-Aufenthalts wird Maurer auch in Kontakt mit dem zukünftigen Raumfahrt-Nachwuchs treten. Mitmach-Experimente, Wettbewerbe, bei denen Schulklassen Klimaschutzkonzepte erarbeiten und Live-Gespräche zu Erde sollen junge Menschen für Raumfahrt, Forschung und Technik begeistern. Für die Aktion „Hand in Hand um die Welt“ hatten über 1.000 Grundschulkinder im Vorfeld von Maurers Mission Klassen-Selfies gemalt, die teils zu einem zehn Meter langen Bilderstreifen zusammengefügt, teils in elektronischer Form gespeichert mit zur ISS fliegen werden. In einer Live-Übertragung wird Maurer die Bilder zeigen und dabei mit einigen der beteiligten Schülerinnen und Schüler auf der Erde sprechen.

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